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Geschichte der Loge zur Stadt auf dem Berge

Unsere Loge wurde am 23. Februar 1923 gegründet. Sie stand unter der Obödienz der Großloge „Zur Sonne“ in Bayreuth. Der Begründer und erste Meister vom Stuhl der Loge war Pfarrer Dr. August Fineisen. Er stammte aus Freiburg im Breisgau und war dort Mitglieder der Johannisloge „Zur edlen Aussicht“, die auch zur Großloge „Zur Sonne“ gehörte. Die anderen Brüder gehörten der Loge „Theodor zum Bergischen Löwen“ in Düsseldorf an, die ebenfalls unter der Obödienz der Großloge „Zur Sonne“ arbeitete.

Zuvor hatten sich die Brüder schon zu einem freimaurerischen Kränzchen zusammengefunden, das bereits den Namen „Zur Stadt auf dem Berge“ führte. Da man über keine eigenen Räumlichkeiten verfügte, tagte das Kränzchen zunächst bei der Loge „Theodor zum Bergischen Löwen“ und später bei der neugegründeten Loge „Zur Bergischen Freiheit“ in Solingen, die ebenfalls zur Großloge „Zur Sonne“ gehörte. Daher war es folgerichtig, die neue Loge ebenfalls unter dieser Obödienz zu konstituieren.

Es mag auch eine Rolle gespielt haben, dass es in Remscheid bereits eine Johannisloge gab, nämlich die Loge „Zu den Romeriken Bergen“, die bereits 1903 gegründet wurde und der Großen Landesloge von Deutschland angehörte. In den benachbarten Städten Lennep und Barmen existierten bereits die Logen „Zur Bergischen Bruderkette“ und „Lessing“, die beide unter der Obödienz der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ standen.

Die Gründer unserer Loge waren durchweg gut situierte Bürger: Ärzte, Lehrer, Fabrikanten, Kaufleute und leitende Angestellte. Es waren 23 Brüder im Alter zwischen 27 und 68 Jahren, das heißt, sie waren zwischen 1854 und 1895 geboren. Die Älteren von ihnen hatten die Gründung des Kaiserreiches 1871 noch bewusst miterlebt. Die Jüngeren waren in diesem Kaiserreich geboren und aufgewachsen. In diesem Umfeld hatten alle ihre Kindheit und Jugend erlebt, ihre Ausbildung gemacht und sich beruflich etabliert. Der Begriff „Vaterland“ hatte für diese Brüder mit Sicherheit noch eine weitaus größere Bedeutung als für uns heute.

Dann mussten die Brüder die Schrecken des ersten Weltkrieges mit ansehen oder teilweise selbst mit erleben. Es folgte der Zusammenbruch des Reiches und die Abdankung des Kaisers. Was in Form der Weimarer Republik danach kam, war ein instabiles Gebilde, das durch äußere Zwänge und innere Zerrissenheit wenig Vertrauen erwecken konnte.

Sicherlich war die Loge insofern auch ein Ort der Zuflucht und Geborgenheit, in der man unter annähernd Gleichgesinnten die Situation reflektieren konnte. Politische Diskussionen waren damals wie heute in der Loge nicht erwünscht. Es ist aber sehr wohl davon auszugehen, dass die allgemeine wirtschaftliche und politische Lage durchaus Gegenstand vieler Gespräche war. Dass diese Lage Anlass zu großer Sorge gab, ist offensichtlich.

Sechs Jahre nach der Gründung der Loge kam es zum Bruch mit der Großloge „Zur Sonne“. Die Großloge „Zur Sonne“ pflegte schon seit längerem eine eher liberale Weltanschauung. Beim Großlogentag 1927 wurden dann zwei Dinge bekräftigt, die die Remscheider Brüder nicht mehr mittragen wollten.

Das eine war eine mehr international orientierte Ausrichtung der Großloge. Es sollten wieder Kontakte zur Großloge von England aufgenommen werden, die während des ersten Weltkriegs abgebrochen waren. Auch insgesamt sollten die internationalen Kontakte ausgeweitet werden. Dies wurde von den Remscheider Brüdern wohl eher mit Skepsis betrachtet, denn gerade hier im westdeutschen Raum waren die Kriegsfolgen und die Dominanz der Siegermächte noch deutlich zu spüren.

Der zweite Grund war die Erlaubnis der Großloge „Zur Sonne“, neben der Bibel auch noch ein weißes Buch auf dem Altar im Tempel auszulegen. Da der christliche Grundgedanke gerade hier im Bergischen Land noch tief verwurzelt war, wurde mit dieser Entscheidung an den Grundfesten des freimaurerischen Selbstverständnisses gerüttelt.

Damit war unsere Loge weltanschaulich näher an die preußischen Großlogen herangerückt, die im Jahr 1928 aus den gleichen Gründen die Beziehungen zur Großloge „Zur Sonne“ abbrachen. Folgerichtig nahm Br. Fineisen als Meister vom Stuhl Kontakte zur Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ auf, und im Jahr 1929 wurde unsere Loge von dieser Großloge angenommen. Dies war, wie wir mittlerweile wissen, eine zukunftsweisende Entscheidung, die bis heute Bestand hat.

Insgesamt schien in der Loge eine positive Stimmung zu herrschen, die auch nach außen ausstrahlte. Von der Gründung bis zum Jahr 1932 konnte die Loge insgesamt 28 Neuaufnahmen verzeichnen. Dies war eine sehr erfreuliche Entwicklung, die der Loge auch die Möglichkeit gab, ein eigenes Logenhaus am Honsberpark zu erwerben. So waren dank des Einsatzes der Brüder alle Voraussetzungen für eine gedeihliche Arbeit geschaffen.

Nur wenige Jahre später war die politische Entwicklung allerdings noch wesentlich einschneidender als die schlimmsten Befürchtungen ahnen ließen. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde die Freimaurerei unerwünscht und politisch verfolgt.

Das waren Zeiten harter Prüfungen für die Brüder. Die Freimaurerei insgesamt war in Misskredit gebracht, und auch auf einzelne Personen wurde Druck ausgeübt. Insbesondere im öffentlichen Dienst mussten sogar Fragebogen ausgefüllt werden, in denen anzugeben war, ob man Freimaurer ist und in der Loge ein Amt bekleidet. Fünf Brüder haben in dieser Zeit gedeckt. Das ist sehr gut zu verstehen, wenn nicht nur der Beruf, sondern letztlich auch Leib und Leben und das Wohl der Familie auf dem Spiel stehen.

Die Entwicklung führte 1935 so weit, dass die Loge verboten, das Eigentum konfisziert und das Logenhaus enteignet wurde. Das Haus war unter großem persönlichen und finanziellen Aufwand der Brüder erworben worden. Umso schmerzlicher musste es für sie sein, jetzt alles verloren zu sehen.

Ebenso schmerzlich war es auch, dass die Ausübung jeglicher freimaurerischer Aktivität verboten war. Naturgemäß gibt es darüber keine Aufzeichnungen, aber wir wissen, dass viele Brüder sich unter Vorwänden weiterhin getroffen haben. Das konnte man als Biertischgespräch oder als Skatclub oder wie auch immer titulieren. Man musste nur vorsichtig sein, denn die Gestapo hatte ein waches Auge auf derlei Umtriebe.

Elf Jahre ruhte die Freimaurerei in Remscheid. Wir nennen es die dunkle Zeit. Wie düster sich die Zeit aus der Sicht der damaligen Brüder darstellte, können wir nur erahnen. Einige Brüder haben diese Zeit auch nicht überlebt. Wir können heute allerdings nicht mehr nachvollziehen, ob hierfür Kriegseinflüsse oder natürliche Ursachen verantwortlich waren.

Die Liebe zur Freimaurerei blieb aber ungebrochen. Direkt nach dem Krieg fanden sich die verbliebenen Brüder wieder zu ersten Treffen zusammen, und zwar die Brüder beider Remscheider Logen. Eine direkte Wiedereinsetzung der Logen war wegen des Besatzungsrechts noch nicht möglich, aber es wurde bereits alles dafür vorbereitet. Man traf sich in den Räumen der Gesellschaft „Genügsamkeit“ an der Ronsdorfer Straße, die im Krieg unversehrt geblieben waren.

Im Januar 1948 konnten dann beide Logen gemeinsam einen provisorischen Tempel und einen Clubraum im Gebäude der Gewerbeschule an der Gewerbeschulstraße einrichten. Die Logen arbeiteten gemeinsam unter wechselnder Hammerführung und wechselndem Ritual.

Es waren aus heutiger Sicht kaum vorstellbare Bedingungen. Die Ältesten unter uns haben die Nachkriegszeit noch als Kind miterlebt und können sich daran erinnern, dass damals die blanke Not herrschte. Es war schwer genug, für die Ernährung der Familie zu sorgen und die notwendigsten Dinge des täglichen Lebens zu beschaffen. Umso höher ist die Leistung der Brüder einzustufen, neben all diesen Sorgen und Mühen wieder ein funktionierendes Logenleben aufzubauen. Ihrem Idealismus und ihrer Energie können wir heute nur höchsten Respekt zollen.

Besonders zu erwähnen ist auch die Tatsache, dass die Brüder ihrer alten Großloge „Zu den drei Weltkugeln“ treu blieben. Von den früher insgesamt 62 Logen der Großloge waren in den westlichen Besatzungszonen 52 wiederbelebt worden. Aber nur 5 davon verblieben bei der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“. Die hiesigen Brüder ließen sich weder von den anfänglichen Widrigkeiten des Besatzungsrechts noch von Abwerbeversuchen beirren. Die Brüder blieben ihren Überzeugungen treu und zeigten ihre bergische Beständigkeit.

Im Jahr 1952 trennten sich die Wege der beiden Remscheider Logen vorübergehend wieder. Die Loge „Zu den Romeriken Bergen“ erwarb das Logenhaus, in dem wir heute wieder gemeinsam arbeiten. Unsere Loge mietete 1954 Räume in der Elberfelder Straße. Es gab auch erfreulicherweise wieder eine Reihe von Neuaufnahmen. Doch in den Folgejahren verlor die Loge viele Brüder durch Tod oder durch Wegzug, so dass man auch unter finanziellen Gesichtspunkten die räumliche Situation überdenken musste.

Deshalb nahm man Gespräche mit der Loge „Zu den Romeriken Bergen“ auf. Diese führten dann schließlich im Jahr 1965 zum Umzug unserer Loge in das heute gemeinsam genutzte Haus.

In diesen Jahren hat sich auch ein Generationenwechsel in der Loge vollzogen. Nach und nach kamen Brüder hinzu, die die Zeiten des Kaiserreiches und der Weimarer Republik nicht mehr erlebt hatten. Das Staatswesen und damit auch die Gesellschaft in der neuen Bundesrepublik Deutschland hatten einen ganz anderen Charakter und prägten damit auch ein neues Denken. Demokratie und Pluralismus waren als Werte fest verankert.

Das spiegelt sich natürlich in gewisser Weise im Logenleben wider. Man kann es auch daran erkennen, dass sich die Loge mehr nach außen öffnete. So fand beispielsweise 1969 anlässlich des Stiftungsfests eine Aufführung des Stücks „Nathan der Weise“ von Lessing auf Schloss Burg statt. 1973 veranstaltete die Loge zum 50. Stiftungsfest eine öffentliche Morgenfeier im Remscheider Stadttheater.

Ender sechziger und Anfang der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts kam es zu weiteren Umbrüchen in der Gesellschaft. Liberalität und Toleranz im Denken lösten manche konservativen Werte ab. Ganz unabhängig davon, wie man diese Entwicklung beurteilt, ist sie gesellschaftliche Realität geworden.

Unsere Loge ist über 90 Jahre alt. In dieser Zeit haben ihr insgesamt 134 Brüder angehört bzw. gehören ihr noch an. Das sind 134 verschiedene Charaktere mit dem Hintergrund von über 100 Jahren deutscher Geschichte. So ist es gar nicht verwunderlich, dass manche Sachverhalte von den verschiedenen Generationen ganz unterschiedlich gewertet und interpretiert werden. Aber die Loge ist ein idealer Ort, um über solche Veränderungen zu sprechen und ihre Vor- und Nachteile abzuwägen.

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